Wasser

Eine Woche an der Ostsee - Juli 2012

 

Ich liebe das Wasser, es  ist mein Element. Aber woher kommt jetzt die Angst, wo ich das erste Mal wieder am Ostseestrand sitze? Sie ist da, ganz klar. Die Angst, dass die See mich verschlingen wird. Es ist windig, es gibt kleine Wellen - und ich sitze weit weg vom Wasser, am Rande der Dünen. Und trotzdem, das Element Wasser zeigt sich mir heute in seiner verschlingenden, bedrohlichen Form.  

Aus dem Wasser kommt alles Leben, aber es kann auch das Leben kosten. So wie jedes Element hat auch das Wasser seine zwei Seiten. Es ist kraftvoll, ist auch unberechenbar. 

Ich mag die Kraft des Wasser nutzen, ohne meine Angst davor zu verlieren. Ich werde es nie beherrschen, aber die Kraft des Wassers mag ich nicht missen in meinem Leben.

 

  
 

Am nächsten Tag habe ich mehr Ruhe hier am Stand. Es trägt mich, meine Kraft diesmal ruhig auf sich. Ich spüre die Verbindung, aber auch die Distanz. Es ist noch immer rauh hier für mich, ungewohnt. Ich kann aber ein Stück weit mehr mit öffnen für dieses Element, die Kraft spüen. So mag ich immer getragen sein, auch wenn ich den Grund nicht sehen kann. 



  
 

Nun erwacht langsam die Sehnsucht, ein Mehr-Wollen. Es ist mir zu kalt um hineinzugehen, besonders jetzt am frühen morgen. Aber ich spüre es auch so, fühle mich als Teil dieser großen bewegten Fläche der See, die immer in Bewegung ist, ohne davon zu rennen. Sie ist immer da, aber nie im Stillstand. Sie ändert ständig ihre Form, paßt sich an. Aber sie bleibt immer die See.

Ich mag vom Wasser lernen, immer ich selber zu bleiben, aber nie gleich. Mich dem Wandel des Leben hingeben erscheint mir oft so schwer. Wie soll das gehen? Wasser, bitte lehre es mir.

 

  
 

Ich löse mich auf, bin Wasser, nicht nur im Körper, auch im Geist. Es fühlt sich bewegt an, hat keine Grenzen. Die Tränen laufen im Morgenwind getrocknet. Auch das ist Salzwasser, tiefe Sehnsucht. Nach was? Ich kann es nicht sehen, dass Wasser in mir ist noch trüb. Aber es ist ein sich Einlassen auf das was kommen mag. Vielleicht noch zaghaft, das Loslassen macht Angst. Aber das Fließen ist auch vertraut. Es darf sein, jetzt, schon immer, für immer. 

Ich mag mich weiter in das Leben hinein wagen. Mehr den Boden unter den Füßen loslassen, um mitzuschwimmen. 

 

  
 

Wasser ist in seiner Klarheit erbarmungslos. Ich erlebe das erste Mal diese Klarheit der Vasjra Energie des "Ich weiß". Die klare Sicht, wenn sie da ist, zeigt was ist. Nicht was ich gerne hätte, das es ist. Verstärkt durch einen Wasser-Gong im Klanghaus von Klein Jasedow werden meine Illusionen weggeschwemmt. Gefühle spülen alles beiseite, was ich mir so ausgemalt habe. Ein Einlassen auf die Elemente, und damit auch ein Einlassen auf das Leben, ist bedinungslos. Ich kann Pläne machen, ja schon. Aber da ich keinen Kampf mag, ich bin so müde davon, darf ich auch meine Traumgebinde loslassen: Etwas Neues beginnt dann, wenn das Alte endet. Die Klarheit, mit der mir das Wasser zeigt, was ist, erschreckt mich. Aber es ist gut, gut diesen Grund zu sehen, keinen Schlamm mehr mit all meinen Aktivitäten aufwirbeln zu müssen. Durchlässig sein für das was sein mag. Ja zum Leben in all seinen Spielarten. 

Die Kraft des Wassers kann mich viel lehren. 

 

Wasser im Land


 

Die Isteiner Schwellen sind ein Nebenarm des Rheins, der sich ich Stromschnellen seinen Weg sucht. 

Sprudelndes Wasser, nicht endenwollendes Aktivität. So viel sprudelnde Kraft, die sich ganz schnell in einen breiten Strom ergießen, von der Aktivität in die klare Ruhe eines breiten Flußes. 

Hier hüpft mein Herz vor Freude, es geht also immer weiter. Wenn nicht links dann doch rechts an einem Hindernis vorbei. Es gibt kein Halten, nur eben eventuell einen anderen Weg. Mitten im breiten Kieselbett sitzend mach ich dieses Plätschern was von immer mehr Möglichkeiten im Leben erzählt, nicht müde wird, neue Wege zu suchen. Jeder runde Kiesel um mich her erzählt mir, dass es zwar lange dauern kann, aber das die Ecken abgeschliffen werden. 

 

 

  
  

Auch am Rhein, in Murg im Naturschwimmbad, ist die Kraft des Wassers so sanft. Die Schwimmbecken sind mit natürlich gereinigtem Wasser gefüllt, lebend mit Algen und Kaulquappen, Schilf steht als Kläranlage um die Schwimmbecken herum, durch die das Wasser zur Säuberung geleitet wird. Das Wasser umfängt mich wohlig kühl, ich kann mich darin bewegen wie ein Fisch. Die Abendsonne zeichnet alles weich, so weich wie das Wasser. Der Rhein fließt breit und träge, grün und schwanbeschwommen an der Liegewiese vorbei.

Hier ist alles weich, umfangend, tragend. Im Rhein zeichnen sich die Strömungen unter Wasser nur als leichtes Kräuseln ab, alles ist friedlich. Auch das ist das Wasser, was ich liebe: friedlich, unbeirrbar seinen Weg kennend, fließend ohne Hast. Und doch so lebendig wie die Wasserperlen, die an meiner Haut in der Sonne herab rinnen und langsam trocknen.